Montag, 29. Februar 2016

Azubis an die Macht

Hinter den Kulissen eines Drei-Gänge-Menüs: Auszubildende übernehmen die Küche

„Gräflicher Nachwuchs – Heute übernehmen wir“ lautet das Motto einer jährlich stattfindenden Veranstaltung, bei der die Azubis des Gräflichen Parks komplett die Regie für ein mittägliches Drei-Gänge-Menü übernehmen. Dieses Mal sollte ich als Marketing-Praktikantin Fotos machen. Da die Veranstaltung bereits um 13 Uhr beginnen sollte und ich erst um kurz nach halb eins in der Küche eintraf, erwartete ich ein Riesen-Chaos und Berge an Lebensmitteln, die sich in der Küche häufen würden. Falsch gedacht! Es herrschte gähnende Leere. Vermutlich kam ich auf den Gedanken, weil es bei mir immer so aussieht, wenn ich mal seltenerweise meine Eltern bekoche (sie bekommen schon Schweißperlen auf der Stirn, wenn ich die Mikrowelle anstelle). Aber zurück zu unserem Azubi-Tag.

Die Gäste wurden von den Azubis herzlich begrüßt.


Wo ist denn das Chaos?


Wo sind die überhaupt und warum ist niemand dabei, den ersten Gang anzurichten? Also ging ich wieder nach draußen zu den wartenden Gästen vor unserem „Caspar’s Restaurant“ und entdeckte die Azubis hinter einer Theke beim Austeilen eines kleinen Begrüßungsdrinks: Es gab, unseren „Louis“ und einen alkoholfreien Cocktail, den ich aufgrund seines interessanten Aussehens auch sofort probieren musste. So, die Azubis waren gefunden und ein paar Fotos hatte ich auch schon im Kasten.

Unsere Rhabarber-Weinschorle "Louis" und der alkoholfreie
Begrüßungsdrink aus Minze, Grenadine und Blue Curacao.



Action im Service


Nach einer kleinen Begrüßungsrede durch unsere Auszubildenden Judith und Vera ging es dann auch für die Gäste ins „Caspar’s“ wo sie von den Azubis zu ihren Plätzen geleitet wurden. Wie sie das so reibungslos hingekriegt haben, ist mir immer noch ein Rätsel. Immerhin musste der Service hier nicht nur die Tischnummern auswendig wissen, sondern auch die Gäste kennen, um sie den Tischen zuordnen zu können, im Kopf haben, wer wen zu seinem Tisch bringt und alle durften sich dabei in den schmalen Restaurant-Gängen nicht in die Quere kommen. Da ich das Gefühl hatte, im Weg zu stehen – bei so viel Koordination und System – ging ich zurück in die Küche; vielleicht passierte ja mittlerweile etwas mehr. Aber außer unserer Jungköchin Vera, die in einem Topf rührte, tat sich nicht viel. Wesentlich beschäftigter waren dabei die Service-Azubis, die mittlerweile den Getränkewünschen der Gäste nachkommen mussten.


Kleine Gaumenfreude: Die Küche fährt hoch

Doch plötzlich ging alles ganz schnell: Weckgläser wurden aufgestellt, der Inhalt des großen Topfes, in dem Vera gerührt hatte, wurde in zwei Gießbecher umgefüllt und die braun/beige Masse kam in die Gläser, die anschließend von den Service-Azubis unter Anleitung von Sascha Winkelmann (Leiter des Bankett Service) zügig zu den Gästen transportiert wurden. Innerhalb von gefühlten zehn Sekunden war alles wieder vorbei. Immer noch völlig benommen von der plötzlichen Schnelligkeit in der Küche, durfte ich auch ein Weckglas mit dem ominösen braunen Gemisch probieren. Der „Latte macchiato aus Marone und Apfel“ wie ich später erfuhr, schmeckte super! Leicht scharf und würzig und trotzdem erfrischend fruchtig. Mein Lob wollte ich auch gleich an die super Köchin und ihr Team weitergeben und bedankte mich bei Vera für die Vorspeise. Aber: „Das war doch nicht die Vorspeise, das ist doch erst das Amuse-bouche!“ Mist. Ich glaube das wird heute nicht meine einzige Belehrung bleiben.

Ganz schön auf zack - in Windeseile waren die Gläser gefüllt.


Per Salathalter durch die Vorspeise


Direkt im Anschluss wurde nun die richtige Vorspeise zubereitet. Die geräucherte Forelle und die Limettencreme waren bereits auf den Tellern angerichtet, nun fehlten noch der Rucola und die Croûtons. Hier wurde Hand in Hand gearbeitet, es gab einen „Croûtonhalter“ und einen „Salathalter“ für die beiden Köchinnen Vera und Imke, die dann die beiden Zutaten auf die Teller verteilten. Im Anschluss wischte eine weitere Küchenhilfe der Azubis die Tellerränder sauber. In rasender Geschwindigkeit wurden so auch die Vorspeisenteiler servierfertig angerichtet und konnten von den Service-Azubis erneut herausgetragen werden. Da auch von der Vorspeise ein Teller übrig blieb, durfte ich erneut probieren. Auch diese war super lecker, vor allem der gefüllte Ravioli mit Fisch und Meerrettich hat mir gefallen.

Teamarbeit bei der Vorspeise, jeder hat seine eigene Aufgabe.


Hauptspeise am laufenden Band


Nun wurde ein blaues Band zwischen einem Küchentisch und dem Pass, so nennt man die Anrichte, wo die fertigen Speisen für den Service bereitgestellt werden, errichtet. Dieses sah aus wie die Miniatur eines Kassenbandes. Wofür war das? Mein Blick wurde aber erst einmal von den lecker duftenden und dampfenden Rinderrouladen abgelenkt, die auf den Tisch vor mir gestellt wurden. Mmhhh! Daneben standen kleine Röllchen aus Wan Tan, in denen später der Kartoffelpüree angerichtet wurde. Auch die Funktion des blauen Bandes offenbart sich mir jetzt: Die Köchinnen und Küchenhilfen stellten sich der Reihe nach neben dem Band auf, jede mit einer eigenen Aufgabe, und warteten bis ihnen ein Teller von der nebenstehenden Person zugeschoben wurde – über Band, so ging es leichter. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Teller nicht nur super appetitlich aussahen, sondern auch so schmeckten.


Auch bei der Hauptspeise wurde Hand in Hand gearbeitet.

Gott in Frankreich: das Dessert


Während ich meine Rouladen noch genoss, richteten unsere fleißigen Küchenfeen schon das Dessert an. Es gab Kuchenkringel mit Heidelbeeren, kleine Schoko-Heidelbeer-Pralinen, Stracciatella-Eis und Heidelbeer-Sorbet. Jeder Azubi hätte die Nachspeise eleganter formuliert als ich, aber ich hoffe so geht es auch. Nach dem Dessert gab es kleine Tellerchen mit Macarons, Windbeuteln und kleinen Kuchenteilchen mit Schokoladencreme – es wurde gespeist wie Gott in Frankreich!

Eis schmeckt auch in der kühlen Jahreszeit.


Zum Kaffee gab es noch einen kleinen Gruß aus der Küche.

Am Ende der Veranstaltung war ich von der koordinierten und eingespielten Teamarbeit der Azubis völlig überwältigt. In keiner Sekunde hat man gemerkt, dass hier noch Lehrlinge am Werk sind und auch der raue Küchenton ist hier wesentlich gemäßigter. Ich muss sagen – die Küche ist zu meinem Lieblingsort im Gräflichen Park geworden!

Charlotte Löneke, Praktikantin Marketing/Veranstaltungsmanagement

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